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Krebs und Chemotherapie
Chemotherapie
Auch wenn für die meisten Menschen die Chemotherapie als DIE Krebstherapie schlechthin erscheint: Längst nicht alle Krebspatienten erhalten Zytostatika. Nach wie vor sind Operation und Bestrahlung rein zahlenmäßig im Vergleich die häufigeren Behandlungsformen. Die Anwendungsmöglichkeiten für Zytostatika haben sich jedoch sehr erweitert: Eine Chemotherapie kann heute auch dazu beitragen, einen Tumor so zu verkleinern, dass er überhaupt erst operabel wird. Auch wenn die Chemotherapie als Inbegriff der Krebstherapie schlechthin gilt, so ist sie doch nicht für alle Krebspatienten notwendig oder gar das erste Verfahren gleich nach der Diagnose. Bei vielen Krebsformen wird sie neben einer Operation und/oder einer Bestrahlung eingesetzt. |
Seit rund 60 Jahren werden Zytostatika zur Chemotherapie bei Krebs eingesetzt. Vereinfacht übersetzt bedeutet der Begriff Zytostatikum "Zellstopper": Solche Substanzen hindern Zellen an der Teilung und bringen sie zum Absterben. Da dies sehr grundlegende Vorgänge sind, wirken fast alle Zellgifte nicht nur auf Krebszellen: Beeinträchtigt werden - in unterschiedlichem Umfang - alle sich schnell regenerierenden Gewebe. Typische Nebenwirkungen vieler Zytostatika sind daher vorübergehende Schädigungen der Blutzellbildung oder auch Haarausfall. Übelkeit und Erbrechen, von vielen Patienten sehr gefürchtet, lassen sich heute durch Begleitmedikamente weitgehend unterdrücken.
Eigentlich bezieht sich der Begriff Chemotherapie auf jede Art von medikamentöser Behandlung, bei der Zellen zum Absterben gebracht oder am Wachstum gehindert werden sollen. Das können Krankheitserreger ebenso sein wie Krebszellen. Im weiteren Sinn gelten also auch Antibiotika als "Chemotherapie". Heute wird der Begriff allerdings fast ausschließlich für die Verkleinerung oder Zerstörung von Tumoren mit so genannten Zytostatika verwendet. Die umgangssprachlich auch als Zellgifte bezeichneten Substanzen beeinträchtigen Krebszellen grundlegend in ihrer Funktion: Weitere Teilungen werden gestoppt und die geschädigten Zellen vom Körper des Patienten abgebaut.
Wie funktioniert eine Chemotherapie?
Tumorzellen "platzen" bei einer Chemotherapie nicht einfach. Dies würden Patienten auch gar nicht aushalten: Eine umfangreiche Gewebszerstörung würde ihren Körper wie nach einer Verbrennung oder einer schweren Infektion mit Zelltrümmern und Abbauprodukten regelrecht vergiften: Die Nieren, die Blutgerinnung und auch das Immunsystem wären überfordert.
Die heute eingesetzten Therapieschemata zielen überwiegend darauf, Tumorzellen zunächst am unkontrollierten Teilen zu hindern. Solche geschädigten und inaktiv gewordenen Zellen werden über einen körpereigenen Kontrollmechanismus erkannt und gezielt abgebaut. Der Erfolg einer Chemotherapie ist daher selten über Nacht sichtbar: Es dauert einige Tage oder sogar Wochen, bis man das Ansprechen eines Tumors sicher beurteilen kann.
Die meisten Zytostatika greifen in Stoffwechsel- oder Zellteilungsvorgänge ein, die nicht nur in Tumorzellen, sondern in allen Zellen eine wichtige Rolle spielen. Sie sind also nicht krebsspezifisch wirksam. Trotzdem schädigen sie Tumorzellen fast überwiegend weit mehr als gesundes Gewebe. Und zwar findet in den meisten gesunden Geweben nur so viel Zellteilung statt, wie für Erhaltung und Regeneration nötig ist. Wo keine Zellteilung stattfindet, können Zytostatika auch nicht die Erbsubstanz angreifen. Die rasch wachsenden Tumorgewebe sind dagegen durch einen hohen Anteil an sich teilenden Zellen gekennzeichnet - sie reagieren wesentlich empfindlicher auf die Chemotherapie.
Betroffen sind daneben auch gesunde Gewebe, die sich ähnlich schnell teilen wie Krebszellen: Dazu gehören etwa die Schleimhautzellen in Mund und Verdauungstrakt, die aufgrund der hohen mechanischen Beanspruchung ständig neu ersetzt werden müssen. Ebenfalls betroffen sind die Haarwurzelzellen, die Blutzellen und in geringerem Umfang auch andere sich rasch regenerierende Gewebe. Diese Beeinträchtigung erklärt einen Teil der typischen Nebenwirkungen vieler Chemotherapien.
Wann wird eine Chemotherapie eingesetzt?
Auch wenn die Chemotherapie als Inbegriff der Krebstherapie schlechthin gilt, so ist sie doch nicht für alle Krebspatienten notwendig oder gar das erste Verfahren gleich nach der Diagnose. Bei vielen Krebsformen wird sie neben einer Operation und/oder einer Bestrahlung eingesetzt.
Als wichtigste Behandlungsform gelten Zytostatika vor allem bei Leukämien und Lymphomen. Hier richtet sich die Therapie gegen auf im Blut- und Lymphsystem verstreute Zellen. Jede Form der Chemotherapie, die wie in diesem Beispiel auf den ganzen Körper zielt, wird als "systemisch" bezeichnet. Dies ist die häufigste Form der Anwendung. Im Gegensatz dazu stünde eine "regionale" oder "lokale" Behandlung, wie es etwa die gezielte Bestrahlung nur eines Organs oder einer Körperregion wäre.
Eine systemische Chemotherapie macht auch bei soliden geschwulstbildenden Tumoren oft Sinn: zum Beispiel adjuvant, also als Ergänzung einer Operation oder Bestrahlung, wenn die Gefahr einer nicht nachweisbaren Zellstreuung über die eigentliche Tumorregion hinaus besteht. Ziel einer neoadjuvanten oder primär systemischen Therapie ist es, einen Tumor vor einem chirurgischen Eingriff so zu verkleinern, dass die Ärzte eine Operation möglichst schonend durchführen können.
Weitere Begriffe werden im Zusammenhang mit einer Chemotherapie wie auch mit anderen Therapieverfahren verwendet:
Kurativ: Die Behandlung hat die Heilung zum Ziel. Sind die Chancen für eine Heilung vergleichsweise hoch, raten Krebsmediziner ihren Patienten unter Umständen auch zu aggressiven Therapien, selbst wenn diese kurzfristig viele Nebenwirkungen haben oder Langzeitfolgen zu erwarten sind – sie gehen davon aus, dass der Nutzen der Belastung überwiegt.
Palliativ: Die Behandlung kann die Krankheit stoppen oder zumindest verlangsamen, aber nicht alle Tumorzellen abtöten. Eine palliative Chemotherapie sollte so gewählt werden, dass ihre Nebenwirkungen längerfristig nicht belastender sind als es die der unbehandelten Erkrankung wären.
Wie wird eine Chemotherapie verabreicht?Die meisten Patienten erhalten die Medikamente heute mittels Infusion in die Vene. Bei dieser Anwendungsform wirken die Zytostatika im ganzen Körper. Auf diese Weise werden auch winzige Tumoren oder im Körper verstreute Krebszellen erreicht, die mit Röntgenaufnahmen oder bei einer Operation nicht sichtbar sind. Dieser Ansatz, der sich nicht nur auf eine lokale Behandlung eines Tumors beschränkt, wird auch als "systemisch" bezeichnet.
Monotherapie, Kombinationstherapie, Zyklen und Schemata
Zytostatika können einzeln gegeben werden, dann spricht man von einer Monotherapie. Häufig werden aber auch mehrere Substanzen kombiniert, um ihre verschiedenen Effekte auf die Tumorzelle zu addieren. Hinzu können Hilfsmedikamente (Adjuvantien, Additiva) kommen, die zum Beispiel die Wirkung der Zytostatika verstärken, ohne selbst toxisch zu sein. Mittel zur Vorbeugung und Linderung von Nebenwirkungen gehören heute zu jeder Chemotherapie dazu, vor allem Arzneimittel gegen Übelkeit.
Wie findet man die besten Kombinationen?
Einige Zytostatika der ersten Generation haben bis heute einen hohen Stellenwert in der Krebstherapie. Diese Medikamente sind inzwischen so gut erforscht, dass über ihre Wirkungen und Nebenwirkungen kaum noch Fragen offen bleiben. In den letzten Jahren ist das Spektrum der Anwendungsmöglichkeiten für Chemotherapeutika allerdings auch durch neue Substanzen erweitert worden: Dazu gehören beispielsweise die Taxane oder die Platinverbindungen.
Doch die Chemotherapie lässt sich nicht nur durch neue Arzneimittel verbessern: Auch an der Anwendungsform, dem zeitliche Rhythmus oder der Verträglichkeit wird intensiv gearbeitet. Das wachsende Wissen über die Biologie von Tumoren führt dazu, dass bereits lange bekannte und bewährte Zytostatika neu kombiniert oder in anderen Dosierungen und Zeitabständen getestet werden. So soll ausgelotet werden, ob die optimale Wirkung bei Krebspatienten bereits erreicht wurde oder ob sich nicht doch noch eine Verbesserung erzielen oder Nebenwirkungen reduzieren lassen. Auch die Verringerung von Langzeitfolgen spielt heute eine große Rolle.
Wie wird eine Chemotherapie dosiert?
Die Dosierung orientiert sich an klinischen Studien, die vor der Zulassung des jeweiligen Medikaments durchgeführt wurden. Entscheidend für die Dosierung ist die Körperoberfläche eines Patienten. Sie wird anhand des Gewichts und der Körpergröße ermittelt. Sind bei einem Patient Nieren- oder Leberfunktionsstörungen bekannt, werden auch der verlangsamte Abbau und/oder die verzögerte Ausscheidung der Arzneimittel mit einbezogen. Dosis sowie Abstände der Medikamentengabe sind jedoch keine ganz festgelegten Größen: Leidet ein Patient sehr unter Nebenwirkungen oder erholt sich sein Körper in den Therapiepausen nur schlecht, ist es bis zu einem gewissen Grad notwendig und möglich, die Dosierung individuell auf seine Situation anzupassen.
Von Bedeutung sind auch die zeitlichen Abstände, in denen die einzelnen Substanzen oder die Kombinationen gegeben werden. Bei der Planung berücksichtigen Krebsmediziner die Kenntnisse über die jeweilige Wirkdauer der Zytostatika, die Zeit, die der Körper braucht, um sich zu erholen, sowie das Wissen über die bestmögliche Gesamtdauer der Anwendung.
Eine Chemotherapie verläuft nach einem festgeschriebenen Schema ab, das wiederholte Medikamentengaben in mehr oder weniger festen Abständen vorsieht. Spricht der Arzt von einem "Schema", das sechs "Zyklen" vorsieht, so bedeutet dies - um ein Beispiel für viele Möglichkeiten zu nennen -, dass über einen Zeitraum von mehreren Wochen sechsmal eine Chemotherapie erfolgt, dazwischen liegt jeweils eine Pause von einigen Tagen ohne Medikamentengabe.
Meist werden diese Behandlungs-Schemata mit den Abkürzungen der verwendeten Substanzen bezeichnet. So steht FEC beispielsweise für die Kombination von Fluoruracil, Epirubicin und Cyclophosphamid, FOLFOX für eine Abfolge von Folinsäure, Fluoruracil und Oxaliplatin.
Ambulante oder stationäre Chemotherapie?
Heute wird die Mehrzahl der Chemotherapien ambulant durchgeführt. Dies ist zum einen möglich geworden, weil schwere Nebenwirkungen wie Übelkeit im Vergleich zu früher besser behandelbar sind. Zum anderen bieten viele Krankenhäuser die Chemotherapie über ihre Ambulanzen an, viele Krebsärzte haben die entsprechenden Einrichtungen auch in ihren Praxen geschaffen. Sehr intensive Therapien erfordern allerdings nach wie vor einen Krankenhausaufenthalt. Gründe sind zum Beispiel die notwendige regelmäßige Kontrolle der Nierenfunktion oder andere Überwachungen. Stationär werden auch Patienten behandelt, die während der Therapie voraussichtlich besonders infektionsgefährdet sein werden.
Nebenwirkungen und Langzeitfolgen
Die allermeisten Zytostatika wirken auf alle besonders schnell wachsenden Gewebe. Folgeerscheinungen können - je nach Substanz und Dosis - daher kurzfristige Beeinträchtigungen der Schleimhäute in Mund, Rachen und Verdauungstrakt sein, sowie die von vielen Patienten besonders mit der Chemotherapie in Verbindung gebrachten Folgen auf das Haar- und Nagelwachstum. Doch auch die Zellen der Blutbildung im Knochenmark teilen sich weit häufiger als viele andere Gewebe; daher können sie ebenfalls durch Zytostatika beeinträchtigt werden: Eine geschwächte Immunabwehr und eine Blutarmut können folgen.
Wie ausgeprägt die Nebenwirkungen sind, hängt allerdings von der jeweils verwendeten Substanz und von der Dosis ab, längst nicht alle Patienten sind tatsächlich von schwerwiegenden Problemen betroffen.
Haarausfall, Nagelschäden, Schleimhautprobleme
* Patientinnen und Patienten, bei denen Haarausfall wahrscheinlich ist, erhalten schon vor Beginn der Therapie ein Rezept für eine Perücke. Diese sollte vom Friseur noch individuell nachgeschnitten oder gefärbt werden.
* Seltener sind Nagelveränderungen durch manche Zytostatika, doch auch diese vergleichsweise schnell nachwachsenden Zellen können betroffen sein.
* Besonders bei hoch dosierten Chemotherapien werden auch die Schleimhäute im Verdauungstrakt in Mitleidenschaft gezogen. Dies kann zum Beispiel bei der Therapie akuter Lymphome oder Leukämien der Fall sein. Patientinnen und Patienten, die eine adjuvante Chemotherapie erhalten, sind selten betroffen.
Bereits relativ bald nach dem Ende einer Chemotherapie bilden sich diese Nebenwirkungen zurück: Haare wachsen wieder nach, Schäden an den Nägeln werden durch Nachwachsen geringer, und wunde Schleimhäute heilen ab. Ernsthafte oder dauerhafte Schäden durch Zytostatika an Haut und Haaren sind nicht bekannt.
Infektionen
Insbesondere die Auswirkung der Behandlung auf die weißen Blutkörperchen, die für die Abwehrfunktion verantwortlich sind (Leukozyten), wird während einer Chemotherapie engmaschig überwacht. Ist die Immunfunktion stark eingeschränkt, müssen die Ärzte unter Umständen die Chemotherapie unterbrechen oder die zeitlichen Abstände zwischen einzelnen Chemotherapie-Zyklen verlängern: Die Infektionsgefahr steigt, wenn zu wenige Leukozyten im Blut sind. Fieber ist hier ein erstes, aber nicht das einzige Warnsignal.
Ist von vornherein zu erwarten, dass eine Chemotherapie das Immunsystem stark in Mitleidenschaft ziehen wird, kann eine stationäre Therapie im Krankenhaus erwogen werden; möglich ist auch die vorbeugende Gabe von Antibiotika. Die Bildung von Immunzellen kann bei Bedarf auch durch Wachstumsfaktoren angeregt werden.
Blutarmut
Zu den Blutzellen, deren Nachschub aus dem Knochenmark gestört seien kann, gehören auch rote Blutkörperchen. Sie sind für den Sauerstofftransport verantwortlich. Geht die Zahl dieser Erythrozyten messbar zurück und entwickelt sich eine Anämie oder Blutarmut, spüren dies Krebspatienten je nach Konstitution an wachsender Müdigkeit und eingeschränkter Leistungsfähigkeit. Auch diese Nebenwirkung bildet sich in der Regel von allein wieder zurück. Ist sie sehr stark ausgeprägt, können Transfusionen helfen oder auch ein Wachstumsfaktor, der die Bildung der Erythrozyten anregt.
Das Knochenmark erholt sich wie andere Zellen normalerweise innerhalb weniger Wochen nach dem Ende einer Chemotherapie. Dauerhafte Einschränkungen sind selten.
Übelkeit
Nicht alle Zytostatika lösen Erbrechen aus. Heute erhalten Patienten – falls erforderlich - gleichzeitig mit der Chemotherapie Mittel zur Unterdrückung der Reaktion. Diese dürfen nicht nur bei Bedarf eingenommen werden, sondern sollten vor allem vorbeugend eingesetzt werden. Da bei der Entstehung von Übelkeit auch die Psyche eine Rolle spielt, verhindert die prophylaktische Gabe unbewusste Lernreaktionen des Körpers nach dem Muster "Chemotherapie = Erbrechen".
Wie lange halten akute Nebenwirkungen an?
Die Reaktion auf Zytostatika ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Das Spektrum der Nebenwirkungen unterscheidet sich von Therapieschema zu Therapieschema. Eine pauschale Auskunft, ob überhaupt Probleme auftreten und wenn ja, wie belastend die zu erwartenden Nebenwirkungen sein werden, ist nur individuell möglich. Ein Gespräch mit den behandelnden Ärzten bringt Aufklärung. Sie sollten auch gefragt werden, wie lange insgesamt mit Nebenwirkungen zu rechnen ist.
Für die meisten Krebspatienten ist relativ bald nach dem Ende der Behandlung auch die Belastung durch Nebenwirkungen vorbei: Übelkeit vergeht, die Haare wachsen wieder nach und der Körper erholt sich innerhalb weniger Wochen.
Spätfolgen der Chemotherapie
Während die Mehrzahl aller Krebspatienten aufgrund eines meist schon höheren Alters wenig Angst vor Spätschäden haben muss, fallen bei jungen Patienten mit hoher Lebenserwartung langfristige Folgen deutlich ins Gewicht.
Zweittumoren
Viele Zytostatika können, wenn auch mit großem zeitlichem Abstand, selbst Krebs fördern. Hinzu kommt das Risiko durch eine Bestrahlung, die ebenfalls langfristige Folgen haben kann, aber nicht muss. Das Risiko für eine Zweiterkrankung ist jedoch außerordentlich unterschiedlich verteilt und insgesamt betrachtet eher gering. Was geheilte Krebspatienten nicht vergessen dürfen: Ihr Basisrisiko, unabhängig vom Einfluss einer Chemotherapie oder einer Bestrahlung an einem anderen, neuen Tumor zu erkranken, bleibt wie bei Gesunden vorhanden.
Neurotoxizität, Kardiotoxizität, andere Spätfolgen an Organen
Einige Zytostatika können länger anhaltende oder dauerhafte Gewebeschäden hervorrufen. Bekannt ist beispielweise von einigen Substanzen ein gewisses Risiko von Nervenschäden. Sie führen zu Problemen mit dem Tast- und Berührungssinn oder auch dem Hautgefühl oder zu unangenehmem Kribbeln und Schmerzen. Fachsprachlich sind solche Zytostatika neurotoxisch. Als kardiotoxisch werden Substanzen bezeichnet, die Herzmuskelzellen schädigen. Seltener wirkt eine Chemotherapie nephrotoxisch, damit ist eine Einschränkung der Nierenfunktion gemeint.
Vorzeitige Wechseljahre bei Frauen, eingeschränkte Fruchtbarkeit bei Männern und Frauen
Eine Chemotherapie kann bei Frauen die Hormonproduktion in den Eierstöcken bremsen. Betroffen sind zum einen Kinder, Jugendliche und junge Frauen, die sehr hohe Dosen bestimmter Zytostatika erhalten mussten. Eine Vorverlagerung des Klimakteriums um vergleichsweise kurze Zeiträume betrifft zum anderen manche Frauen, die zum Zeitpunkt der Chemotherapie bereits kurz vor den Wechseljahren standen, ohne dies schon wahrzunehmen. Bei Männern steigt durch hohe Dosen bestimmter Zytostatika das Risiko, keine Kinder mehr zeugen zu können.
Für männliche wie für weibliche Patienten gilt: Das Risiko einer Störung der Fruchtbarkeit oder des Hormonstoffwechsels durch eine Chemotherapie ist zwar vorhanden. Nur die behandelnden Ärzte können jedoch genauere Angaben zur Höhe und zu vorbeugenden Maßnahmen machen.
Müdigkeit, Erschöpfung, Depression
Noch vor wenigen Jahren gingen Experten davon aus, dass die typische Müdigkeit vieler Krebspatienten auf eine Störung der Blutbildung durch Zytostatika zurückzuführen sei: Die Chemotherapie beeinträchtigt auch die Bildung der Sauerstoff transportierenden roten Blutkörperchen, was sich am Absinken des Hämoglobin-Wertes im Blut zeigt und als Anämie oder Blutarmut bezeichnet wird. Heute weiß man, dass das Phänomen der so genannten Fatigue weit komplexer ist und dass auch die Frage der Krankheitsverarbeitung eine Rolle spielt. Vor allem bei lang anhaltender Erschöpfung haben die meisten Patienten gar keine nachweisbare Anämie, so dass eine Behandlung zum Beispiel mit Wachstumsfaktoren der Blutbildung als Fatigue-Therapie nicht in Frage kommt. Schonen und Ruhe haben sich zudem als falsche Strategie erwiesen - heute wird Krebspatienten eher zu Sport und Bewegung geraten.
Welche Chemotherapeutika gibt es? Es gibt mehrere Dutzend verschiedene Zytostatika, hier die wichtigsten Gruppen im Überblick.
Alkylanzien
Sie greifen die Moleküle der Erbsubstanz an und stören in Tumorzellen nicht nur die Neubildung von DNA vor der Zellteilung, sondern auch die Ablesevorgänge während des normalen Stoffwechsels. Beispiele sind Cyclophosphamid, Hydroxyharnstoff (Hydroxyurea) oder Melphalan.
Antimetabolite
Solche Zytostatika werden in die DNA als "falsche" Bausteine eingebaut und zerstören so die Erbinformation. Sie wirken während der Zellteilung und haben vergleichsweise geringe Nebenwirkungen und Langzeitfolgen. Niedrig dosierte Antimetabolite werden deshalb zum Beispiel auch zur Behandlung von Krebsvorstufen der Haut, von hartnäckigen Warzen, aber auch von Rheuma eingesetzt. Beispiele sind Methotrexat, 5-Fluoruracil (5-FU), Cladribin, Fludarabin, Capecitabine oder Gemcitabine.
Antitumorantibiotika
Sie verursachen, ähnlich wie "normale" Antibiotika in Bakterien, in Tumorzellen sowohl Brüche der DNA wie auch Veränderungen an der Zellmembran. Sie wirken nicht nur während der Phase der Zellteilung, haben deshalb aber leider auch mehr Nebenwirkungen. Beispiele sind Doxorubicin oder Epirubicin.
Vincaalkaloide
Diese Stoffe wurden ursprünglich aus der Pflanze Immergrün (Vinca) entwickelt; sie gehört zur Familie der Hundsgiftsgewächse. Sie hemmen die Zellteilung und leider auch die Reizleitung in den Nerven, wirken also giftig auf die Nerven (neurotoxisch). Beispiele sind Vinblastin und Vincristin.
Taxane
Diese neuere Gruppe wird aus Eibenrinde gewonnen, die Substanzen halten die Zellteilung an. Beispiele sind Paclitaxel, Docetaxel und andere.
Platin-Verbindungen
Hier verbinden sich chemische Verbindungen des Edelmetalls mit der DNA und hemmen außerdem Enzyme, die dadurch ausgelöste Schäden reparieren könnten. Sie sind sehr wirksam, führen aber auch zu starker Übelkeit, die mit Begleitmedikamenten unterdrückt werden muss. Beispiele sind Cisplatin, Oxaliplatin und Carboplatin
.
Topoisomerase-Hemmer
Sie hemmen Reparaturen am Erbmaterial und wurden ursprünglich aus giftigen Pflanzen entwickelt. Beispiele sind Camptothecin, Topotecan, Irinotecan, Etoposid und Teniposid.
Antihormone und Antikörper
Neben diesen chemotherapeutischen Medikamenten werden andere Wirkstoffe gezielt gegen Krebszellen eingesetzt. Antihormone blockieren das Wachstum gewisser Tumorarten (z.B. bei Brust- oder Prostatakrebs), da die natürlichen Hormone hier als Wachstumssignal wirken. Bestimmte Antikörper wirken nur auf bestimmte Merkmale der Tumorzellen, z.B. bei Lungenkrebs.
Krebs ist ein Überbegriff für eine Krankheit mit einem ausgesprochen vielfältigen Erscheinungsbild: Die Geschwüre, die unter diesem Namen zusammengefasst werden, befallen praktisch alle Organe des Menschen. Die Lunge bleibt genauso wenig verschont wie Magen und Darm, Speiseröhre und Haut, Knochen und Gehirn, um nur einige Beispiele zu nennen. Hinzu kommt, dass die Faktoren, die Krebs auslösen, mindestens so mannigfaltig zu sein scheinen wie die Erscheinungsformen der Krankheit: man weiß mittlerweile, dass es sich nicht einfach um eine "Alterserkrankung" handelt, auch wenn das Alter bei der Entstehung doch eine gewichtige Rolle spielt.
So kann Krebs auch durch Umweltfaktoren ausgelöst werden: Sonnenlicht fördert die Entstehung von Hautkrebs, und Zigarettenrauch erzeugt Lungenkrebs. Auf der anderen Seite warnen beispielsweise Frauenärzte gelegentlich ihre Patientinnen, wenn sie ein bestimmtes Virus im Abstrich der Vaginalschleimhaut finden. Dieses kann auch Krebs auslösen, weshalb die betroffenen Frauen regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen kommen sollten. Um es noch komplizierter zu machen, wird Krebs (oder vielmehr die Neigung, an Krebs zu erkranken) gelegentlich auch vererbt: Am bekanntesten sind der erbliche Brustkrebs und der erbliche Darmkrebs. In Familien, die hiermit belastet sind, findet sich eine gesteigerte Häufigkeit dieser Erkrankung.
Den Namen haben übrigens die alten Griechen der Krankheit gegeben. Die Geschwüre, die sich beim Brustkrebs bilden, erzeugen manchmal oberflächlich sichtbare, gestaute Venen, die mit ihren Ausläufern eine an einen Krebs erinnernde Form aufweisen. Das griechische Wort für das seitwärts laufende Schalentier, "karkinos", ist zudem die Wurzel für das Fachwort Karzinom.
Was geschieht, wenn Krebs entsteht?
Zunächst einmal ist ein Krebsgeschwür eine Neubildung von körpereigenem Gewebe. Es handelt sich also nicht um einen "Überfall" eines fremden Krankheitserregers, der sich im Körper vermehrt (wie das bei bakteriellen Infektionen der Fall ist). Wie kommt es aber dazu, dass dort einfach etwas "anfängt sich neu zu bilden und zu wachsen"? Prinzipiell bricht hierbei eine Zelle - zunächst ist es tatsächlich nur eine einzige - aus dem Reglement ihres Gewebeverbandes, in dem sie lebt und ihre Arbeit verrichtet, aus und beginnt, sich zu teilen.
Dass sich Zellen teilen und vermehren, ist zunächst einmal kein ungewöhnliches Geschehnis, auch nicht im ausgewachsenen Körper. Ständig werden hier Zellen neu gebildet, da sich beispielsweise die Haut ebenso wie die Schleimhäute des Magen-Darm-Traktes und die Zellen des Blutes ständig erneuern. Alte Zellen gehen dafür verloren, sie werden abgeschilfert (im Falle der Haut) oder zerstören sich in einem Prozess, den die Wissenschaftler Apoptose (griech. "fallendes Laub") nennen, von selbst. Hierdurch wird sichergestellt, dass ein Gleichgewicht aus Neubildung und Zerstörung entsteht.
Die Vermehrung, die bei der Krebsentstehung stattfindet, ist jedoch nicht der sinnvoll gesteuerte Zuwachs, der für die Erneuerung des Gewebes nötig ist. Vielmehr bricht die einzelne Zelle aus dieser Steuerung aus und vermehrt sich, ohne dass sie hierfür die "Erlaubnis " erhalten hat.
Krebs ist eine "genetische" Krankheit
Die Zelle vermehrt sich deshalb "außer Rand und Band", weil das Korsett, das ihr übergestülpt ist, welches sie diszipliniert und dafür sorgt, dass sie in Harmonie mit ihren Nachbarzellen lebt, einen Riss bekommen hat: sie erkennt die Signale ihrer Umgebung nicht mehr oder versteht sie falsch. Diese Signale, die der Zelle sagen, ob sie sich teilen darf oder nicht, bilden die Basis dafür, dass in einem vielzelligen Organismus "alle für einen" arbeiten, dass also die Vermehrung einzelner Zellen für den Gesamtorganismus sinnvoll gesteuert ist.
Das Korsett einer Zelle, welches sie zu einem nützlichen Teil des Gesamtorganismus macht, ist ihr Erbgut. In diesem stehen die Informationen, wie die Zelle die Signale ihrer Umgebung zu empfangen und zu interpretieren hat. Wenn sich also das Erbgut verändert, kann sich auch dieses Zusammenspiel verändern. Die Zelle, die vorher im Gewebeverband treu ihren Dienst für den Gesamtorganismus absolvierte, wird ein "Deserteur", der sich - ohne danach zu fragen, ob das nun sinnvoll ist - vermehrt.
Der Entstehung von Krebs geht daher immer eine Veränderung des Erbgutes voraus, weshalb die Erkrankung von vielen Wissenschaftlern auch als "genetische Krankheit" bezeichnet wird. Die Veränderung der genetischen Information ist, bei aller Verschiedenheit der zahllosen Formen, in denen Krebs auftritt, der gemeinsame Nenner dieser Erkrankung. Und darin liegt auch der Schlüssel zum Verständnis, weshalb Krebs durch so viele verschiedene Faktoren ausgelöst wird.
Krebs - eine Erkrankung des Alters?
Betrachtet man die Häufigkeit der Entstehung von Krebsgeschwüren in Relation zum Alter, so zeigt sich, dass 60% aller Neuerkrankungen bei Menschen auftreten, die älter als 60 Jahre sind. Wie lässt sich das verstehen vor dem Hintergrund, dass es sich um eine "genetische Krankheit" handelt? Vermutlich liegt es daran, dass das Erbgut menschlicher Zellen sehr gut geschützt ist vor Veränderungen. Denn zahlreiche Systeme, die auch "Wächter des Erbgutes" genannt werden, sorgen unentwegt dafür, dass der "Software des Lebens" nichts passiert. Dadurch entstehen nur so wenige Fehler, dass es lange Zeit braucht, bis tatsächlich eine Veränderung aufgetreten ist, die dann ein Krebswachstum auslöst.
Umweltfaktoren als Auslöser: bewusst leben heißt Krebs vermeiden
Schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts beobachtete der Londoner Arzt Percival Pott, das Männer, die in ihrer Jugend als Schornsteinfeger gearbeitet hatten, öfter an Hodenkrebs erkrankten als die Durchschnittsbevölkerung. Obwohl derlei Beobachtungen über Zusammenhänge zwischen dem (berufsbedingten) Kontakt mit bestimmten Substanzen und Krebserkrankungen sich häuften, setzte sich diese Erkenntnis nicht gleich durch.
1918 gelang es zwei japanischen Wissenschaftlern, erstmals zweifelsfrei zu beweisen, dass Krebs durch Chemikalien ausgelöst werden kann: sie bestrichen Kaninchen mit Teer, wodurch diese Hautkrebs bekamen. Heutzutage saugen tagtäglich Millionen Raucher besagten Teer aus ihren Zigaretten in ihre Lungen, weshalb der Lungenkrebs bei Männern auf Platz eins der krebsbedingten Sterbefälle steht. Bei Frauen ist er auf Platz drei. Dies liegt unter anderem daran, dass vor einigen Jahrzehnten noch wesentlich mehr Männer als Frauen rauchten. Aber auch hier hält die Gleichberechtigung Einzug, und Lungenkrebs ist bei Frauen auf dem Vormarsch. Viele andere Chemikalien sind ebenfalls in der Lage, Krebs auszulösen.
Auch Strahlen, wie Ultraviolettes (UV) Licht oder Röntgenstrahlen, können Krebs auslösen, wie sich nicht lange nach der Entdeckung und Verwendung der Röntgenstrahlen zeigte. Zahlreiche Techniker und Wissenschaftler, die mit der neuen Methode zur Durchleuchtung von Körpern arbeiteten, erkrankten an Krebs. Diese schmerzvolle Erfahrung machte auch Marie Curie, die zweifache Nobelpreisträgerin und Mit-Entdeckerin der Radioaktivität. Sie verstarb an Leukämie, einer Krebserkrankung des Blutes, die durch ihren langen Kontakt mit der Radioaktivität ausgelöst worden war.
Auch chemische Stoffe und Strahlen wirken, indem sie die genetische Information verändern: die Chemikalien treten in Wechselwirkung mit dem großen Molekül, das unser Erbgut darstellt: der DNA. Sie verändern diese chemisch und bewirken so auch eine Veränderung des Informationsgehaltes. Genauso wirken die Strahlen: sie können einzelne "Buchstaben" unseres genetischen Alphabetes verändern oder zu einem Zerreißen der Information führen. Diese Zusammenhänge werden auch deutlich durch einen Test, den der amerikanische Wissenschaftler Bruce Ames ersonnen hat: er bewertete, ob Chemikalien krebsauslösend wirken oder nicht, indem er Bakterien damit behandelte. Diese können natürlich keinen Krebs bekommen, aber die Chemikalien bewirken Veränderungen im Erbgut der Bakterien, die man messen kann. Eine Substanz, die in Bakterien stark erbgut-verändernd wirkt, wirkt auch krebsauslösend im Menschen. Der sogenannte Ames-Test wird auch heute noch verwendet, um herauszufinden, ob eine Chemikalie karzinogen (= krebs-auslösend) ist oder nicht.
Auch eine "Infektionskrankheit"?
Dass Krebs auch "ansteckend" sein kann, erkannte schon einer der frühen Krebsforscher, Francis Peyton Rous (1879-1970). Er infizierte Hühner mit einer Flüssigkeit, die er aus Hühnergeschwüren isoliert hatte. Die (vorher gesunden) Hühner bekamen ebenfalls Krebs. Doch es dauerte noch einige Zeit, bis die Ursache erkannt war. Es handelte sich um ein Virus, welches in diesem Fall krebsauslösend wirkte. Beim Menschen sind mittlerweile auch Viren bekannt, die unter Umständen Krebs auslösen können: hierzu gehören das HPV (humanes Papillomavirus), welches für die Entstehung von Warzen verantwortlich ist. Darüber hinaus sind bestimmte Papillomaviren wahrscheinlich für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs bei Frauen verantwortlich. Das Hepatitis B-Virus (HBV) löst hingegen Leberkrebs aus.
Der Grund für das krebsauslösende Potential dieser Viren liegt - auch wieder - in einer Veränderung des menschlichen Erbgutes: in diesem Falle wird es durch die bloße Anwesenheit des Virus verändert. Dieser dringt in die menschliche Zelle ein und fügt sein eigenes (virales) Erbgut zu dem des Menschen hinzu. Dies kann auf verschiedenen Wegen das Steuerungssystem, welches die Zelle in ihre Umgebung "einbaut", so durcheinander bringen, dass sie anfängt zu wuchern.
Kann man Krebs erben?
Die Näherin des amerikanischen Pathologen Aldred S. Warthin berichtete diesem Ende des 19. Jahrhunderts, sie würde an Krebs sterben, weil alle ihre Familienangehörigen dieses Schicksal erlitten. Tatsächlich starb die Frau in relativ jungen Jahren an der Krankheit. Warthin berichtete von ihrer Familie, die er als "Krebs-Familie" bezeichnete. Die Idee, dass eine Neigung dazu, an Krebs zu erkranken, in bestimmten Familien existiert, ist also schon älter, konnte aber erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts genauer erfasst werden.
Auch hier liegt in Veränderungen des Erbgutes der Hase im Pfeffer: Wenn in einer Familie eine solche Veränderung schon vorliegt, erhöht das die Wahrscheinlichkeit, dass eine Erkrankung auftritt. Je nachdem, welcher Abschnitt des Erbgutes verändert ist, können sehr verschiedene Krebs-Syndrome vererbt werden. Das bekannteste ist der erbliche Brustkrebs, aber auch zahlreiche andere Organe können betroffen sein.
Viel Forschung, wenig Therapie?
Krebs ist die dritthäufigste Todesursache in den Industrienationen nach den Herz-Kreislauferkrankungen und den Unfällen. Seit vielen Jahrzehnten wird an der Krankheit geforscht, und gewaltige Gelder sind in diese Forschung geflossen. Dennoch gilt die Krankheit noch immer in vielen Fällen als unheilbar. Warum weiß man also inzwischen so viel über die Krankheit, kann sie aber immer noch nicht heilen? Zwei Gründe spielen hier eine Rolle: Der erste ist, dass Krebs durch einen Fehler im Erbgut ausgelöst wird. Die naheliegendste Lösung wäre also, das Erbgut der "fehlerhaften" Zellen zu korrigieren. Dies erweist sich aber als sehr schwierig, da so viele verschiedene Änderungen auftreten können und es auch technisch zur Zeit noch kaum möglich ist, gezielt einzelne Zellen mit der korrigierten genetischen Information zu behandeln. Ein weiterer Ansatzpunkt zur Therapie wäre, die wildwuchernden, fehlerhaften Zellen gezielt zu zerstören.
Genau dies wird in einem chirurgischen Eingriff gemacht. Mit einem Medikament ist es jedoch ungleich schwieriger, dies zu bewerkstelligen. Denn während Bakterien sich durch Antibiotika ohne schwere Nebenwirkungen auf den Menschen abtöten lassen, da sie (biologisch betrachtet) sehr verschieden von menschlichen Zellen sind, sind Krebszellen diesen sehr ähnlich. Eine Substanz, die die Krebszelle stark schädigt, wird daher auch die gesunden Zellen stark angreifen. Dies ist auch der Grund dafür, weshalb viele Krebsmedikamente so starke Nebenwirkungen aufweisen. Es wird daher noch einige Forschungsarbeit zu leisten sein, bis all die verschiedenen Krebsarten therapierbar sind.
Eigentlich bezieht sich der Begriff Chemotherapie auf jede Art von medikamentöser Behandlung, bei der Zellen zum Absterben gebracht oder am Wachstum gehindert werden sollen. Das können Krankheitserreger ebenso sein wie Krebszellen. Im weiteren Sinn gelten also auch Antibiotika als "Chemotherapie". Heute wird der Begriff allerdings fast ausschließlich für die Verkleinerung oder Zerstörung von Tumoren mit so genannten Zytostatika verwendet. Die umgangssprachlich auch als Zellgifte bezeichneten Substanzen beeinträchtigen Krebszellen grundlegend in ihrer Funktion: Weitere Teilungen werden gestoppt und die geschädigten Zellen vom Körper des Patienten abgebaut.
Wie funktioniert eine Chemotherapie?
Tumorzellen "platzen" bei einer Chemotherapie nicht einfach. Dies würden Patienten auch gar nicht aushalten: Eine umfangreiche Gewebszerstörung würde ihren Körper wie nach einer Verbrennung oder einer schweren Infektion mit Zelltrümmern und Abbauprodukten regelrecht vergiften: Die Nieren, die Blutgerinnung und auch das Immunsystem wären überfordert.
Die heute eingesetzten Therapieschemata zielen überwiegend darauf, Tumorzellen zunächst am unkontrollierten Teilen zu hindern. Solche geschädigten und inaktiv gewordenen Zellen werden über einen körpereigenen Kontrollmechanismus erkannt und gezielt abgebaut. Der Erfolg einer Chemotherapie ist daher selten über Nacht sichtbar: Es dauert einige Tage oder sogar Wochen, bis man das Ansprechen eines Tumors sicher beurteilen kann.
Die meisten Zytostatika greifen in Stoffwechsel- oder Zellteilungsvorgänge ein, die nicht nur in Tumorzellen, sondern in allen Zellen eine wichtige Rolle spielen. Sie sind also nicht krebsspezifisch wirksam. Trotzdem schädigen sie Tumorzellen fast überwiegend weit mehr als gesundes Gewebe. Und zwar findet in den meisten gesunden Geweben nur so viel Zellteilung statt, wie für Erhaltung und Regeneration nötig ist. Wo keine Zellteilung stattfindet, können Zytostatika auch nicht die Erbsubstanz angreifen. Die rasch wachsenden Tumorgewebe sind dagegen durch einen hohen Anteil an sich teilenden Zellen gekennzeichnet - sie reagieren wesentlich empfindlicher auf die Chemotherapie.
Betroffen sind daneben auch gesunde Gewebe, die sich ähnlich schnell teilen wie Krebszellen: Dazu gehören etwa die Schleimhautzellen in Mund und Verdauungstrakt, die aufgrund der hohen mechanischen Beanspruchung ständig neu ersetzt werden müssen. Ebenfalls betroffen sind die Haarwurzelzellen, die Blutzellen und in geringerem Umfang auch andere sich rasch regenerierende Gewebe. Diese Beeinträchtigung erklärt einen Teil der typischen Nebenwirkungen vieler Chemotherapien.
Wann wird eine Chemotherapie eingesetzt?
Auch wenn die Chemotherapie als Inbegriff der Krebstherapie schlechthin gilt, so ist sie doch nicht für alle Krebspatienten notwendig oder gar das erste Verfahren gleich nach der Diagnose. Bei vielen Krebsformen wird sie neben einer Operation und/oder einer Bestrahlung eingesetzt.
Als wichtigste Behandlungsform gelten Zytostatika vor allem bei Leukämien und Lymphomen. Hier richtet sich die Therapie gegen auf im Blut- und Lymphsystem verstreute Zellen. Jede Form der Chemotherapie, die wie in diesem Beispiel auf den ganzen Körper zielt, wird als "systemisch" bezeichnet. Dies ist die häufigste Form der Anwendung. Im Gegensatz dazu stünde eine "regionale" oder "lokale" Behandlung, wie es etwa die gezielte Bestrahlung nur eines Organs oder einer Körperregion wäre.
Eine systemische Chemotherapie macht auch bei soliden geschwulstbildenden Tumoren oft Sinn: zum Beispiel adjuvant, also als Ergänzung einer Operation oder Bestrahlung, wenn die Gefahr einer nicht nachweisbaren Zellstreuung über die eigentliche Tumorregion hinaus besteht. Ziel einer neoadjuvanten oder primär systemischen Therapie ist es, einen Tumor vor einem chirurgischen Eingriff so zu verkleinern, dass die Ärzte eine Operation möglichst schonend durchführen können.
Weitere Begriffe werden im Zusammenhang mit einer Chemotherapie wie auch mit anderen Therapieverfahren verwendet:
Kurativ: Die Behandlung hat die Heilung zum Ziel. Sind die Chancen für eine Heilung vergleichsweise hoch, raten Krebsmediziner ihren Patienten unter Umständen auch zu aggressiven Therapien, selbst wenn diese kurzfristig viele Nebenwirkungen haben oder Langzeitfolgen zu erwarten sind – sie gehen davon aus, dass der Nutzen der Belastung überwiegt.
Palliativ: Die Behandlung kann die Krankheit stoppen oder zumindest verlangsamen, aber nicht alle Tumorzellen abtöten. Eine palliative Chemotherapie sollte so gewählt werden, dass ihre Nebenwirkungen längerfristig nicht belastender sind als es die der unbehandelten Erkrankung wären.
Wie wird eine Chemotherapie verabreicht?Die meisten Patienten erhalten die Medikamente heute mittels Infusion in die Vene. Bei dieser Anwendungsform wirken die Zytostatika im ganzen Körper. Auf diese Weise werden auch winzige Tumoren oder im Körper verstreute Krebszellen erreicht, die mit Röntgenaufnahmen oder bei einer Operation nicht sichtbar sind. Dieser Ansatz, der sich nicht nur auf eine lokale Behandlung eines Tumors beschränkt, wird auch als "systemisch" bezeichnet.
Monotherapie, Kombinationstherapie, Zyklen und Schemata
Zytostatika können einzeln gegeben werden, dann spricht man von einer Monotherapie. Häufig werden aber auch mehrere Substanzen kombiniert, um ihre verschiedenen Effekte auf die Tumorzelle zu addieren. Hinzu können Hilfsmedikamente (Adjuvantien, Additiva) kommen, die zum Beispiel die Wirkung der Zytostatika verstärken, ohne selbst toxisch zu sein. Mittel zur Vorbeugung und Linderung von Nebenwirkungen gehören heute zu jeder Chemotherapie dazu, vor allem Arzneimittel gegen Übelkeit.
Wie findet man die besten Kombinationen?
Einige Zytostatika der ersten Generation haben bis heute einen hohen Stellenwert in der Krebstherapie. Diese Medikamente sind inzwischen so gut erforscht, dass über ihre Wirkungen und Nebenwirkungen kaum noch Fragen offen bleiben. In den letzten Jahren ist das Spektrum der Anwendungsmöglichkeiten für Chemotherapeutika allerdings auch durch neue Substanzen erweitert worden: Dazu gehören beispielsweise die Taxane oder die Platinverbindungen.
Doch die Chemotherapie lässt sich nicht nur durch neue Arzneimittel verbessern: Auch an der Anwendungsform, dem zeitliche Rhythmus oder der Verträglichkeit wird intensiv gearbeitet. Das wachsende Wissen über die Biologie von Tumoren führt dazu, dass bereits lange bekannte und bewährte Zytostatika neu kombiniert oder in anderen Dosierungen und Zeitabständen getestet werden. So soll ausgelotet werden, ob die optimale Wirkung bei Krebspatienten bereits erreicht wurde oder ob sich nicht doch noch eine Verbesserung erzielen oder Nebenwirkungen reduzieren lassen. Auch die Verringerung von Langzeitfolgen spielt heute eine große Rolle.
Wie wird eine Chemotherapie dosiert?
Die Dosierung orientiert sich an klinischen Studien, die vor der Zulassung des jeweiligen Medikaments durchgeführt wurden. Entscheidend für die Dosierung ist die Körperoberfläche eines Patienten. Sie wird anhand des Gewichts und der Körpergröße ermittelt. Sind bei einem Patient Nieren- oder Leberfunktionsstörungen bekannt, werden auch der verlangsamte Abbau und/oder die verzögerte Ausscheidung der Arzneimittel mit einbezogen. Dosis sowie Abstände der Medikamentengabe sind jedoch keine ganz festgelegten Größen: Leidet ein Patient sehr unter Nebenwirkungen oder erholt sich sein Körper in den Therapiepausen nur schlecht, ist es bis zu einem gewissen Grad notwendig und möglich, die Dosierung individuell auf seine Situation anzupassen.
Von Bedeutung sind auch die zeitlichen Abstände, in denen die einzelnen Substanzen oder die Kombinationen gegeben werden. Bei der Planung berücksichtigen Krebsmediziner die Kenntnisse über die jeweilige Wirkdauer der Zytostatika, die Zeit, die der Körper braucht, um sich zu erholen, sowie das Wissen über die bestmögliche Gesamtdauer der Anwendung.
Eine Chemotherapie verläuft nach einem festgeschriebenen Schema ab, das wiederholte Medikamentengaben in mehr oder weniger festen Abständen vorsieht. Spricht der Arzt von einem "Schema", das sechs "Zyklen" vorsieht, so bedeutet dies - um ein Beispiel für viele Möglichkeiten zu nennen -, dass über einen Zeitraum von mehreren Wochen sechsmal eine Chemotherapie erfolgt, dazwischen liegt jeweils eine Pause von einigen Tagen ohne Medikamentengabe.
Meist werden diese Behandlungs-Schemata mit den Abkürzungen der verwendeten Substanzen bezeichnet. So steht FEC beispielsweise für die Kombination von Fluoruracil, Epirubicin und Cyclophosphamid, FOLFOX für eine Abfolge von Folinsäure, Fluoruracil und Oxaliplatin.
Ambulante oder stationäre Chemotherapie?
Heute wird die Mehrzahl der Chemotherapien ambulant durchgeführt. Dies ist zum einen möglich geworden, weil schwere Nebenwirkungen wie Übelkeit im Vergleich zu früher besser behandelbar sind. Zum anderen bieten viele Krankenhäuser die Chemotherapie über ihre Ambulanzen an, viele Krebsärzte haben die entsprechenden Einrichtungen auch in ihren Praxen geschaffen. Sehr intensive Therapien erfordern allerdings nach wie vor einen Krankenhausaufenthalt. Gründe sind zum Beispiel die notwendige regelmäßige Kontrolle der Nierenfunktion oder andere Überwachungen. Stationär werden auch Patienten behandelt, die während der Therapie voraussichtlich besonders infektionsgefährdet sein werden.
Nebenwirkungen und Langzeitfolgen
Die allermeisten Zytostatika wirken auf alle besonders schnell wachsenden Gewebe. Folgeerscheinungen können - je nach Substanz und Dosis - daher kurzfristige Beeinträchtigungen der Schleimhäute in Mund, Rachen und Verdauungstrakt sein, sowie die von vielen Patienten besonders mit der Chemotherapie in Verbindung gebrachten Folgen auf das Haar- und Nagelwachstum. Doch auch die Zellen der Blutbildung im Knochenmark teilen sich weit häufiger als viele andere Gewebe; daher können sie ebenfalls durch Zytostatika beeinträchtigt werden: Eine geschwächte Immunabwehr und eine Blutarmut können folgen.
Wie ausgeprägt die Nebenwirkungen sind, hängt allerdings von der jeweils verwendeten Substanz und von der Dosis ab, längst nicht alle Patienten sind tatsächlich von schwerwiegenden Problemen betroffen.
Haarausfall, Nagelschäden, Schleimhautprobleme
* Patientinnen und Patienten, bei denen Haarausfall wahrscheinlich ist, erhalten schon vor Beginn der Therapie ein Rezept für eine Perücke. Diese sollte vom Friseur noch individuell nachgeschnitten oder gefärbt werden.
* Seltener sind Nagelveränderungen durch manche Zytostatika, doch auch diese vergleichsweise schnell nachwachsenden Zellen können betroffen sein.
* Besonders bei hoch dosierten Chemotherapien werden auch die Schleimhäute im Verdauungstrakt in Mitleidenschaft gezogen. Dies kann zum Beispiel bei der Therapie akuter Lymphome oder Leukämien der Fall sein. Patientinnen und Patienten, die eine adjuvante Chemotherapie erhalten, sind selten betroffen.
Bereits relativ bald nach dem Ende einer Chemotherapie bilden sich diese Nebenwirkungen zurück: Haare wachsen wieder nach, Schäden an den Nägeln werden durch Nachwachsen geringer, und wunde Schleimhäute heilen ab. Ernsthafte oder dauerhafte Schäden durch Zytostatika an Haut und Haaren sind nicht bekannt.
Infektionen
Insbesondere die Auswirkung der Behandlung auf die weißen Blutkörperchen, die für die Abwehrfunktion verantwortlich sind (Leukozyten), wird während einer Chemotherapie engmaschig überwacht. Ist die Immunfunktion stark eingeschränkt, müssen die Ärzte unter Umständen die Chemotherapie unterbrechen oder die zeitlichen Abstände zwischen einzelnen Chemotherapie-Zyklen verlängern: Die Infektionsgefahr steigt, wenn zu wenige Leukozyten im Blut sind. Fieber ist hier ein erstes, aber nicht das einzige Warnsignal.
Ist von vornherein zu erwarten, dass eine Chemotherapie das Immunsystem stark in Mitleidenschaft ziehen wird, kann eine stationäre Therapie im Krankenhaus erwogen werden; möglich ist auch die vorbeugende Gabe von Antibiotika. Die Bildung von Immunzellen kann bei Bedarf auch durch Wachstumsfaktoren angeregt werden.
Blutarmut
Zu den Blutzellen, deren Nachschub aus dem Knochenmark gestört seien kann, gehören auch rote Blutkörperchen. Sie sind für den Sauerstofftransport verantwortlich. Geht die Zahl dieser Erythrozyten messbar zurück und entwickelt sich eine Anämie oder Blutarmut, spüren dies Krebspatienten je nach Konstitution an wachsender Müdigkeit und eingeschränkter Leistungsfähigkeit. Auch diese Nebenwirkung bildet sich in der Regel von allein wieder zurück. Ist sie sehr stark ausgeprägt, können Transfusionen helfen oder auch ein Wachstumsfaktor, der die Bildung der Erythrozyten anregt.
Das Knochenmark erholt sich wie andere Zellen normalerweise innerhalb weniger Wochen nach dem Ende einer Chemotherapie. Dauerhafte Einschränkungen sind selten.
Übelkeit
Nicht alle Zytostatika lösen Erbrechen aus. Heute erhalten Patienten – falls erforderlich - gleichzeitig mit der Chemotherapie Mittel zur Unterdrückung der Reaktion. Diese dürfen nicht nur bei Bedarf eingenommen werden, sondern sollten vor allem vorbeugend eingesetzt werden. Da bei der Entstehung von Übelkeit auch die Psyche eine Rolle spielt, verhindert die prophylaktische Gabe unbewusste Lernreaktionen des Körpers nach dem Muster "Chemotherapie = Erbrechen".
Wie lange halten akute Nebenwirkungen an?
Die Reaktion auf Zytostatika ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Das Spektrum der Nebenwirkungen unterscheidet sich von Therapieschema zu Therapieschema. Eine pauschale Auskunft, ob überhaupt Probleme auftreten und wenn ja, wie belastend die zu erwartenden Nebenwirkungen sein werden, ist nur individuell möglich. Ein Gespräch mit den behandelnden Ärzten bringt Aufklärung. Sie sollten auch gefragt werden, wie lange insgesamt mit Nebenwirkungen zu rechnen ist.
Für die meisten Krebspatienten ist relativ bald nach dem Ende der Behandlung auch die Belastung durch Nebenwirkungen vorbei: Übelkeit vergeht, die Haare wachsen wieder nach und der Körper erholt sich innerhalb weniger Wochen.
Spätfolgen der Chemotherapie
Während die Mehrzahl aller Krebspatienten aufgrund eines meist schon höheren Alters wenig Angst vor Spätschäden haben muss, fallen bei jungen Patienten mit hoher Lebenserwartung langfristige Folgen deutlich ins Gewicht.
Zweittumoren
Viele Zytostatika können, wenn auch mit großem zeitlichem Abstand, selbst Krebs fördern. Hinzu kommt das Risiko durch eine Bestrahlung, die ebenfalls langfristige Folgen haben kann, aber nicht muss. Das Risiko für eine Zweiterkrankung ist jedoch außerordentlich unterschiedlich verteilt und insgesamt betrachtet eher gering. Was geheilte Krebspatienten nicht vergessen dürfen: Ihr Basisrisiko, unabhängig vom Einfluss einer Chemotherapie oder einer Bestrahlung an einem anderen, neuen Tumor zu erkranken, bleibt wie bei Gesunden vorhanden.
Neurotoxizität, Kardiotoxizität, andere Spätfolgen an Organen
Einige Zytostatika können länger anhaltende oder dauerhafte Gewebeschäden hervorrufen. Bekannt ist beispielweise von einigen Substanzen ein gewisses Risiko von Nervenschäden. Sie führen zu Problemen mit dem Tast- und Berührungssinn oder auch dem Hautgefühl oder zu unangenehmem Kribbeln und Schmerzen. Fachsprachlich sind solche Zytostatika neurotoxisch. Als kardiotoxisch werden Substanzen bezeichnet, die Herzmuskelzellen schädigen. Seltener wirkt eine Chemotherapie nephrotoxisch, damit ist eine Einschränkung der Nierenfunktion gemeint.
Vorzeitige Wechseljahre bei Frauen, eingeschränkte Fruchtbarkeit bei Männern und Frauen
Eine Chemotherapie kann bei Frauen die Hormonproduktion in den Eierstöcken bremsen. Betroffen sind zum einen Kinder, Jugendliche und junge Frauen, die sehr hohe Dosen bestimmter Zytostatika erhalten mussten. Eine Vorverlagerung des Klimakteriums um vergleichsweise kurze Zeiträume betrifft zum anderen manche Frauen, die zum Zeitpunkt der Chemotherapie bereits kurz vor den Wechseljahren standen, ohne dies schon wahrzunehmen. Bei Männern steigt durch hohe Dosen bestimmter Zytostatika das Risiko, keine Kinder mehr zeugen zu können.
Für männliche wie für weibliche Patienten gilt: Das Risiko einer Störung der Fruchtbarkeit oder des Hormonstoffwechsels durch eine Chemotherapie ist zwar vorhanden. Nur die behandelnden Ärzte können jedoch genauere Angaben zur Höhe und zu vorbeugenden Maßnahmen machen.
Müdigkeit, Erschöpfung, Depression
Noch vor wenigen Jahren gingen Experten davon aus, dass die typische Müdigkeit vieler Krebspatienten auf eine Störung der Blutbildung durch Zytostatika zurückzuführen sei: Die Chemotherapie beeinträchtigt auch die Bildung der Sauerstoff transportierenden roten Blutkörperchen, was sich am Absinken des Hämoglobin-Wertes im Blut zeigt und als Anämie oder Blutarmut bezeichnet wird. Heute weiß man, dass das Phänomen der so genannten Fatigue weit komplexer ist und dass auch die Frage der Krankheitsverarbeitung eine Rolle spielt. Vor allem bei lang anhaltender Erschöpfung haben die meisten Patienten gar keine nachweisbare Anämie, so dass eine Behandlung zum Beispiel mit Wachstumsfaktoren der Blutbildung als Fatigue-Therapie nicht in Frage kommt. Schonen und Ruhe haben sich zudem als falsche Strategie erwiesen - heute wird Krebspatienten eher zu Sport und Bewegung geraten.
Welche Chemotherapeutika gibt es? Es gibt mehrere Dutzend verschiedene Zytostatika, hier die wichtigsten Gruppen im Überblick.
Alkylanzien
Sie greifen die Moleküle der Erbsubstanz an und stören in Tumorzellen nicht nur die Neubildung von DNA vor der Zellteilung, sondern auch die Ablesevorgänge während des normalen Stoffwechsels. Beispiele sind Cyclophosphamid, Hydroxyharnstoff (Hydroxyurea) oder Melphalan.
Antimetabolite
Solche Zytostatika werden in die DNA als "falsche" Bausteine eingebaut und zerstören so die Erbinformation. Sie wirken während der Zellteilung und haben vergleichsweise geringe Nebenwirkungen und Langzeitfolgen. Niedrig dosierte Antimetabolite werden deshalb zum Beispiel auch zur Behandlung von Krebsvorstufen der Haut, von hartnäckigen Warzen, aber auch von Rheuma eingesetzt. Beispiele sind Methotrexat, 5-Fluoruracil (5-FU), Cladribin, Fludarabin, Capecitabine oder Gemcitabine.
Antitumorantibiotika
Sie verursachen, ähnlich wie "normale" Antibiotika in Bakterien, in Tumorzellen sowohl Brüche der DNA wie auch Veränderungen an der Zellmembran. Sie wirken nicht nur während der Phase der Zellteilung, haben deshalb aber leider auch mehr Nebenwirkungen. Beispiele sind Doxorubicin oder Epirubicin.
Vincaalkaloide
Diese Stoffe wurden ursprünglich aus der Pflanze Immergrün (Vinca) entwickelt; sie gehört zur Familie der Hundsgiftsgewächse. Sie hemmen die Zellteilung und leider auch die Reizleitung in den Nerven, wirken also giftig auf die Nerven (neurotoxisch). Beispiele sind Vinblastin und Vincristin.
Taxane
Diese neuere Gruppe wird aus Eibenrinde gewonnen, die Substanzen halten die Zellteilung an. Beispiele sind Paclitaxel, Docetaxel und andere.
Platin-Verbindungen
Hier verbinden sich chemische Verbindungen des Edelmetalls mit der DNA und hemmen außerdem Enzyme, die dadurch ausgelöste Schäden reparieren könnten. Sie sind sehr wirksam, führen aber auch zu starker Übelkeit, die mit Begleitmedikamenten unterdrückt werden muss. Beispiele sind Cisplatin, Oxaliplatin und Carboplatin
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Topoisomerase-Hemmer
Sie hemmen Reparaturen am Erbmaterial und wurden ursprünglich aus giftigen Pflanzen entwickelt. Beispiele sind Camptothecin, Topotecan, Irinotecan, Etoposid und Teniposid.
Antihormone und Antikörper
Neben diesen chemotherapeutischen Medikamenten werden andere Wirkstoffe gezielt gegen Krebszellen eingesetzt. Antihormone blockieren das Wachstum gewisser Tumorarten (z.B. bei Brust- oder Prostatakrebs), da die natürlichen Hormone hier als Wachstumssignal wirken. Bestimmte Antikörper wirken nur auf bestimmte Merkmale der Tumorzellen, z.B. bei Lungenkrebs.
Krebs ist ein Überbegriff für eine Krankheit mit einem ausgesprochen vielfältigen Erscheinungsbild: Die Geschwüre, die unter diesem Namen zusammengefasst werden, befallen praktisch alle Organe des Menschen. Die Lunge bleibt genauso wenig verschont wie Magen und Darm, Speiseröhre und Haut, Knochen und Gehirn, um nur einige Beispiele zu nennen. Hinzu kommt, dass die Faktoren, die Krebs auslösen, mindestens so mannigfaltig zu sein scheinen wie die Erscheinungsformen der Krankheit: man weiß mittlerweile, dass es sich nicht einfach um eine "Alterserkrankung" handelt, auch wenn das Alter bei der Entstehung doch eine gewichtige Rolle spielt.
So kann Krebs auch durch Umweltfaktoren ausgelöst werden: Sonnenlicht fördert die Entstehung von Hautkrebs, und Zigarettenrauch erzeugt Lungenkrebs. Auf der anderen Seite warnen beispielsweise Frauenärzte gelegentlich ihre Patientinnen, wenn sie ein bestimmtes Virus im Abstrich der Vaginalschleimhaut finden. Dieses kann auch Krebs auslösen, weshalb die betroffenen Frauen regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen kommen sollten. Um es noch komplizierter zu machen, wird Krebs (oder vielmehr die Neigung, an Krebs zu erkranken) gelegentlich auch vererbt: Am bekanntesten sind der erbliche Brustkrebs und der erbliche Darmkrebs. In Familien, die hiermit belastet sind, findet sich eine gesteigerte Häufigkeit dieser Erkrankung.
Den Namen haben übrigens die alten Griechen der Krankheit gegeben. Die Geschwüre, die sich beim Brustkrebs bilden, erzeugen manchmal oberflächlich sichtbare, gestaute Venen, die mit ihren Ausläufern eine an einen Krebs erinnernde Form aufweisen. Das griechische Wort für das seitwärts laufende Schalentier, "karkinos", ist zudem die Wurzel für das Fachwort Karzinom.
Was geschieht, wenn Krebs entsteht?
Zunächst einmal ist ein Krebsgeschwür eine Neubildung von körpereigenem Gewebe. Es handelt sich also nicht um einen "Überfall" eines fremden Krankheitserregers, der sich im Körper vermehrt (wie das bei bakteriellen Infektionen der Fall ist). Wie kommt es aber dazu, dass dort einfach etwas "anfängt sich neu zu bilden und zu wachsen"? Prinzipiell bricht hierbei eine Zelle - zunächst ist es tatsächlich nur eine einzige - aus dem Reglement ihres Gewebeverbandes, in dem sie lebt und ihre Arbeit verrichtet, aus und beginnt, sich zu teilen.
Dass sich Zellen teilen und vermehren, ist zunächst einmal kein ungewöhnliches Geschehnis, auch nicht im ausgewachsenen Körper. Ständig werden hier Zellen neu gebildet, da sich beispielsweise die Haut ebenso wie die Schleimhäute des Magen-Darm-Traktes und die Zellen des Blutes ständig erneuern. Alte Zellen gehen dafür verloren, sie werden abgeschilfert (im Falle der Haut) oder zerstören sich in einem Prozess, den die Wissenschaftler Apoptose (griech. "fallendes Laub") nennen, von selbst. Hierdurch wird sichergestellt, dass ein Gleichgewicht aus Neubildung und Zerstörung entsteht.
Die Vermehrung, die bei der Krebsentstehung stattfindet, ist jedoch nicht der sinnvoll gesteuerte Zuwachs, der für die Erneuerung des Gewebes nötig ist. Vielmehr bricht die einzelne Zelle aus dieser Steuerung aus und vermehrt sich, ohne dass sie hierfür die "Erlaubnis " erhalten hat.
Krebs ist eine "genetische" Krankheit
Die Zelle vermehrt sich deshalb "außer Rand und Band", weil das Korsett, das ihr übergestülpt ist, welches sie diszipliniert und dafür sorgt, dass sie in Harmonie mit ihren Nachbarzellen lebt, einen Riss bekommen hat: sie erkennt die Signale ihrer Umgebung nicht mehr oder versteht sie falsch. Diese Signale, die der Zelle sagen, ob sie sich teilen darf oder nicht, bilden die Basis dafür, dass in einem vielzelligen Organismus "alle für einen" arbeiten, dass also die Vermehrung einzelner Zellen für den Gesamtorganismus sinnvoll gesteuert ist.
Das Korsett einer Zelle, welches sie zu einem nützlichen Teil des Gesamtorganismus macht, ist ihr Erbgut. In diesem stehen die Informationen, wie die Zelle die Signale ihrer Umgebung zu empfangen und zu interpretieren hat. Wenn sich also das Erbgut verändert, kann sich auch dieses Zusammenspiel verändern. Die Zelle, die vorher im Gewebeverband treu ihren Dienst für den Gesamtorganismus absolvierte, wird ein "Deserteur", der sich - ohne danach zu fragen, ob das nun sinnvoll ist - vermehrt.
Der Entstehung von Krebs geht daher immer eine Veränderung des Erbgutes voraus, weshalb die Erkrankung von vielen Wissenschaftlern auch als "genetische Krankheit" bezeichnet wird. Die Veränderung der genetischen Information ist, bei aller Verschiedenheit der zahllosen Formen, in denen Krebs auftritt, der gemeinsame Nenner dieser Erkrankung. Und darin liegt auch der Schlüssel zum Verständnis, weshalb Krebs durch so viele verschiedene Faktoren ausgelöst wird.
Krebs - eine Erkrankung des Alters?
Betrachtet man die Häufigkeit der Entstehung von Krebsgeschwüren in Relation zum Alter, so zeigt sich, dass 60% aller Neuerkrankungen bei Menschen auftreten, die älter als 60 Jahre sind. Wie lässt sich das verstehen vor dem Hintergrund, dass es sich um eine "genetische Krankheit" handelt? Vermutlich liegt es daran, dass das Erbgut menschlicher Zellen sehr gut geschützt ist vor Veränderungen. Denn zahlreiche Systeme, die auch "Wächter des Erbgutes" genannt werden, sorgen unentwegt dafür, dass der "Software des Lebens" nichts passiert. Dadurch entstehen nur so wenige Fehler, dass es lange Zeit braucht, bis tatsächlich eine Veränderung aufgetreten ist, die dann ein Krebswachstum auslöst.
Umweltfaktoren als Auslöser: bewusst leben heißt Krebs vermeiden
Schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts beobachtete der Londoner Arzt Percival Pott, das Männer, die in ihrer Jugend als Schornsteinfeger gearbeitet hatten, öfter an Hodenkrebs erkrankten als die Durchschnittsbevölkerung. Obwohl derlei Beobachtungen über Zusammenhänge zwischen dem (berufsbedingten) Kontakt mit bestimmten Substanzen und Krebserkrankungen sich häuften, setzte sich diese Erkenntnis nicht gleich durch.
1918 gelang es zwei japanischen Wissenschaftlern, erstmals zweifelsfrei zu beweisen, dass Krebs durch Chemikalien ausgelöst werden kann: sie bestrichen Kaninchen mit Teer, wodurch diese Hautkrebs bekamen. Heutzutage saugen tagtäglich Millionen Raucher besagten Teer aus ihren Zigaretten in ihre Lungen, weshalb der Lungenkrebs bei Männern auf Platz eins der krebsbedingten Sterbefälle steht. Bei Frauen ist er auf Platz drei. Dies liegt unter anderem daran, dass vor einigen Jahrzehnten noch wesentlich mehr Männer als Frauen rauchten. Aber auch hier hält die Gleichberechtigung Einzug, und Lungenkrebs ist bei Frauen auf dem Vormarsch. Viele andere Chemikalien sind ebenfalls in der Lage, Krebs auszulösen.
Auch Strahlen, wie Ultraviolettes (UV) Licht oder Röntgenstrahlen, können Krebs auslösen, wie sich nicht lange nach der Entdeckung und Verwendung der Röntgenstrahlen zeigte. Zahlreiche Techniker und Wissenschaftler, die mit der neuen Methode zur Durchleuchtung von Körpern arbeiteten, erkrankten an Krebs. Diese schmerzvolle Erfahrung machte auch Marie Curie, die zweifache Nobelpreisträgerin und Mit-Entdeckerin der Radioaktivität. Sie verstarb an Leukämie, einer Krebserkrankung des Blutes, die durch ihren langen Kontakt mit der Radioaktivität ausgelöst worden war.
Auch chemische Stoffe und Strahlen wirken, indem sie die genetische Information verändern: die Chemikalien treten in Wechselwirkung mit dem großen Molekül, das unser Erbgut darstellt: der DNA. Sie verändern diese chemisch und bewirken so auch eine Veränderung des Informationsgehaltes. Genauso wirken die Strahlen: sie können einzelne "Buchstaben" unseres genetischen Alphabetes verändern oder zu einem Zerreißen der Information führen. Diese Zusammenhänge werden auch deutlich durch einen Test, den der amerikanische Wissenschaftler Bruce Ames ersonnen hat: er bewertete, ob Chemikalien krebsauslösend wirken oder nicht, indem er Bakterien damit behandelte. Diese können natürlich keinen Krebs bekommen, aber die Chemikalien bewirken Veränderungen im Erbgut der Bakterien, die man messen kann. Eine Substanz, die in Bakterien stark erbgut-verändernd wirkt, wirkt auch krebsauslösend im Menschen. Der sogenannte Ames-Test wird auch heute noch verwendet, um herauszufinden, ob eine Chemikalie karzinogen (= krebs-auslösend) ist oder nicht.
Auch eine "Infektionskrankheit"?
Dass Krebs auch "ansteckend" sein kann, erkannte schon einer der frühen Krebsforscher, Francis Peyton Rous (1879-1970). Er infizierte Hühner mit einer Flüssigkeit, die er aus Hühnergeschwüren isoliert hatte. Die (vorher gesunden) Hühner bekamen ebenfalls Krebs. Doch es dauerte noch einige Zeit, bis die Ursache erkannt war. Es handelte sich um ein Virus, welches in diesem Fall krebsauslösend wirkte. Beim Menschen sind mittlerweile auch Viren bekannt, die unter Umständen Krebs auslösen können: hierzu gehören das HPV (humanes Papillomavirus), welches für die Entstehung von Warzen verantwortlich ist. Darüber hinaus sind bestimmte Papillomaviren wahrscheinlich für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs bei Frauen verantwortlich. Das Hepatitis B-Virus (HBV) löst hingegen Leberkrebs aus.
Der Grund für das krebsauslösende Potential dieser Viren liegt - auch wieder - in einer Veränderung des menschlichen Erbgutes: in diesem Falle wird es durch die bloße Anwesenheit des Virus verändert. Dieser dringt in die menschliche Zelle ein und fügt sein eigenes (virales) Erbgut zu dem des Menschen hinzu. Dies kann auf verschiedenen Wegen das Steuerungssystem, welches die Zelle in ihre Umgebung "einbaut", so durcheinander bringen, dass sie anfängt zu wuchern.
Kann man Krebs erben?
Die Näherin des amerikanischen Pathologen Aldred S. Warthin berichtete diesem Ende des 19. Jahrhunderts, sie würde an Krebs sterben, weil alle ihre Familienangehörigen dieses Schicksal erlitten. Tatsächlich starb die Frau in relativ jungen Jahren an der Krankheit. Warthin berichtete von ihrer Familie, die er als "Krebs-Familie" bezeichnete. Die Idee, dass eine Neigung dazu, an Krebs zu erkranken, in bestimmten Familien existiert, ist also schon älter, konnte aber erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts genauer erfasst werden.
Auch hier liegt in Veränderungen des Erbgutes der Hase im Pfeffer: Wenn in einer Familie eine solche Veränderung schon vorliegt, erhöht das die Wahrscheinlichkeit, dass eine Erkrankung auftritt. Je nachdem, welcher Abschnitt des Erbgutes verändert ist, können sehr verschiedene Krebs-Syndrome vererbt werden. Das bekannteste ist der erbliche Brustkrebs, aber auch zahlreiche andere Organe können betroffen sein.
Viel Forschung, wenig Therapie?
Krebs ist die dritthäufigste Todesursache in den Industrienationen nach den Herz-Kreislauferkrankungen und den Unfällen. Seit vielen Jahrzehnten wird an der Krankheit geforscht, und gewaltige Gelder sind in diese Forschung geflossen. Dennoch gilt die Krankheit noch immer in vielen Fällen als unheilbar. Warum weiß man also inzwischen so viel über die Krankheit, kann sie aber immer noch nicht heilen? Zwei Gründe spielen hier eine Rolle: Der erste ist, dass Krebs durch einen Fehler im Erbgut ausgelöst wird. Die naheliegendste Lösung wäre also, das Erbgut der "fehlerhaften" Zellen zu korrigieren. Dies erweist sich aber als sehr schwierig, da so viele verschiedene Änderungen auftreten können und es auch technisch zur Zeit noch kaum möglich ist, gezielt einzelne Zellen mit der korrigierten genetischen Information zu behandeln. Ein weiterer Ansatzpunkt zur Therapie wäre, die wildwuchernden, fehlerhaften Zellen gezielt zu zerstören.
Genau dies wird in einem chirurgischen Eingriff gemacht. Mit einem Medikament ist es jedoch ungleich schwieriger, dies zu bewerkstelligen. Denn während Bakterien sich durch Antibiotika ohne schwere Nebenwirkungen auf den Menschen abtöten lassen, da sie (biologisch betrachtet) sehr verschieden von menschlichen Zellen sind, sind Krebszellen diesen sehr ähnlich. Eine Substanz, die die Krebszelle stark schädigt, wird daher auch die gesunden Zellen stark angreifen. Dies ist auch der Grund dafür, weshalb viele Krebsmedikamente so starke Nebenwirkungen aufweisen. Es wird daher noch einige Forschungsarbeit zu leisten sein, bis all die verschiedenen Krebsarten therapierbar sind.