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Bewusstes Altern
Alleinsein
Einer der Umstände, die im Sterbeprozess geschehen, und die zur transformierenden Erfahrung des Sterbens beitragen, ist Alleinsein. Wir werden uns mehr und mehr über das Alleinsein in unserem tiefsten Wesen bewusst, wenn wir dem Sterben näherkommen. In der Zeit des Sterbens sind wir weit entfernt von denjenigen, die uns umgeben. Selbst wenn andere Menschen nahe sind, selbst bei einem Flugzeugabsturz, einem Tsunami oder im Hospiz, sind wir in unserem Sterben völlig allein. Für die meisten Menschen, besonders für diejenigen, die ohne eine Bewusstseinspraxis gelebt haben, ohne eine gefühlte und vertraute spirituelle Führung in ihrem Leben, kann die Einsamkeit, die aufsteigt, wenn wir dem Tod näher kommen, schwer auszuhalten sein. Wie viel liebevoller wir zu uns selbst wären und wie viel weiser, wenn wir dann bereits Einsamkeit in Alleinsein verwandelt hätten, lange vor der Zeit unseres Todes. Der Sterbeprozess ist dann so viel mehr eine wirkliche Transformation des Bewusstseins, wenn wir uns von dem Reichtum haben nähren lassen, der in Alleinsein und innerer Stille verfügbar ist. |
Einsamkeit ist eine Erfahrung des Schmerzes unseres eigenen eingebildeten Getrenntseins. Wir denken und fühlen, dass wir nicht genügend versorgt oder nicht genug geliebt und unterstützt werden, dass wir abgeschnitten sind. Alleinsein erscheint im Äußeren der Einsamkeit ähnlich. Aber in der Erfahrung des Alleinseins wird es durch die Linse von Dankbarkeit und Offenheit gesehen und einem tiefen Wissen, dass wir niemals von der Existenz getrennt sein können, dass wir in Wirklichkeit in jedem Moment eine Welle im Ozean sind. Ein Alleinsein, das akzeptiert und bewusst gewählt wird, ist reich und transformierend. Sie hat ein Gefühl von Fülle, von Ganzheit, sie ist süß. Das Gefühl, dass dein Alleinsein alles enthält, was du wirklich brauchst, schenkt uns ein wachsendes Vertrauen in eine spirituelle Verbundenheit in unserer wahren Natur. Audio | Altwerden, Tod, Erleuchtung
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Stille Wir kommen zu Gott, zur Befreiung, indem wir Zeit damit verbringen und das wertschätzen, was uns sehr wenig zu bieten scheint- mit dem, was viele Menschen vermeiden- Stille. Alles Leben beginnt und endet in Stille. Stille ist es, wo wir unserer größten Abgeschiedenheit begegnen, und unseren größten Ressourcen von seelischer Gesundheit und Freude. Stille ist das Zuhause der Götter, und die Mutter aller Dinge. Indem es das geringste aller Dinge ist, bringt Stille die Geburt der meisten Dinge hervor. Indem sie sich nicht einmischt, erneuert Stille das menschliche Herz zu seinem natürlichen Zustand von Freiheit und Frieden. In Stille zu verweilen ist kein Tun; sie ist eine Handlung des Vertrauens, die unserem Wesen erlaubt, sich auf natürliche Weise mit seiner innewohnenden Göttlichkeit wieder zu verbinden. |
Das Altsein ist eine Zeit, um in der Welt leichter zu werden, um nicht so viel zu tun, um anderen zuzugestehen, sehr sehr beschäftigt zu sein.
Wenn der Körper allmählich verfällt, ist vielleicht die Zeit gekommen, vollständiger zu lernen, was Zwischen- Abhängigkeit bedeutet. Wir haben eine tief verwurzelte Gewohnheit, uns mit Empfindungen, Gedanken und Gefühlen, mit allen vergänglichen und schwankenden Elementen unserer vermuteten Realität zu identifizieren. Aber statt zu denken: „Ich bin verletzt, ich bin krank“, können wir lernen, einen Schritt zurück zu machen und zu denken, mein Magen schmerzt, mein Körper ist krank. Wenn wir lernen, unser Gefühl des Selbst von dem Gefühl des Körpers auseinander zu halten, können wir auch beginnen, von der Persönlichkeit Abstand zu nehmen. Sogar mehr als unseren Körper betrachten wir unsere Persönlichkeit als das, was wir sind, und sich davon abzukoppeln braucht Übung. Statt zu denken: „Ich bin ungeduldig“ oder „ich bin zornig“, könnten wir vielmehr denken „ich bin mir bewusst, ungeduldig zu sein“ oder „ich bin mir bewusst, zornig zu sein“. Das öffnet einen Raum zum Atmen und ermöglicht uns, in diesem Augenblick die Verwirrung zwischen dem, wer ich „bin“ und wie ich „handle“ oder „fühle“, zu vermindern. Wenn störende Gedanken oder Emotionen hochkommen, wäre es gut zu fragen: „Könnte ich sie loslassen?“ Loslassen hilft, Raum für das Eintreten von Verständnis und Mitleid zu schaffen. Wenn nächstes Mal Zorn, Depression oder andere schwierige Zustände aufkommen, versuche zu fragen: „Kann ich das loslassen?“ Wirklich – es ist nicht so schwierig zu erkennen, dass wir nicht unser Körper sind oder unsere Gedanken – aber sich daran erinnern, ist es. Als Babys hatten wir keine Kontrolle über unseren Körper, aber wir lernten bald, wie er zu kontrollieren ist, und bald wollten wir alles kontrollieren. Ein zweijähriges KInd ist sehr eifersüchtig auf seine Unabhängigkeit und seine Fähigkeit, Dinge allein zu machen: „Ich allein“, sagt es, „ich mache es allein !“ Zu ihm passt der Wunsch, das Leben durch einen großen Strohhalm aufzusaugen, neugierig zu sein und alles, was das Leben bietet, erfahren zu wollen. Einen Großteil unseres eigenen Lebens haben wir so verbracht: produktiv sein, tätig sein, pünktlich sein. Aber das ist nicht die Rolle des Alterns, und wenn wir darauf beharren, wie wir waren, wie das Leben war, verpassen wir eine verwandelnde Gelegenheit: Wir werden auf eine innere Weise gedehnt, um seelenorientierter zu werden. Rabbi Schachter-Shalomi, der Gründer des Spiritual Eldering Institute, sagt, dass jetzt eine Zeit mit besonderen Möglichkeiten des Vergebens und der spirituellen Intimität ist. Das ist eine Zeit, in der wir als „Leiter, Berater und Vermittler für Heilung und Versöhnung für den Planeten, die Nation, den Stamm, Klan und die Familie“ tätig sein können. Eine Zeit, um zu „Hütern der Weisheit“ zu werden. Und diese besondere Zeit ist nicht jedem gegeben. Können wir für einen Augenblick innehalten, um zur Kenntnis zu nehmen, dass weltweit Millionen von Menschen in diesem Leben nicht alt werden? Das Altsein ist eine Zeit, um in der Welt leichter zu werden, um nicht so viel zu tun, um anderen zuzugestehen, sehr sehr beschäftigt zu sein. Wenn der Körper allmählich verfällt, ist vielleicht die Zeit gekommen, vollständiger zu lernen, was Zwischen- Abhängigkeit bedeutet. Es ist schwierig, von einem Fürsorge-Spender zu einem Fürsorge-Empfänger zu werden. „Ich allein“ ist unser Mantra: „Lass mich dir helfen.“ Wir empfinden vielleicht, dass „leben, um der Menschheit zu helfen, der erste Schritt ist“ auf unserem spirituellen Pfad, und anderen keine Last sein, kann ein bezeichnender Teil dieser Botschaft sein. Wie orientieren wir unser Denken neu, wenn wir möglicherweise tatsächlich für andere eine Last werden? Ich bin nicht sicher, aber der Situation frontal gegenüberstehend, mit so viel liebevoller Zuneigung wie wir nur aufbringen können, muss ein Teil des Schlüssels sein. Es ist nicht böse, anderen eine Gelegenheit zu geben, für uns zu sorgen. Schließlich wurde Buddhas spirituelle Natur erweckt, als er einem älteren kranken Menschen und einer Leiche von Angesicht zu Angesicht gegenüber stand. Unsere Situation und die Hilfe, die wir von anderen empfangen, mit Liebe annehmen, kann die weltlichste Handlung in eine Art Segen verwandeln. |
Wenn unsere Körper allmählich unsere Handlungen begrenzen, können wir nicht mehr so viel tun, und wenn uns eine tödliche Krankheit diagnostiziert wird, können wir keine weit in die Zukunft reichenden Pläne machen. Auch funktioniert unser Kurzzeitgedächtnis nicht mehr so gut. Das Leben sagt uns eindeutig, achtsam zu sein für den gegenwärtigen Augenblick, für das Jetzt. Stelle dir für einen Augenblick alle traurigen und schwierigen Erfahrungen vor, die um dein Herz gelegt wurden: Stricke der Traurigkeit, Stränge des Zorns, Leitungen der Disharmonie, Fäden des Unglücks. Jetzt, wo wir uns an ihre Details nicht so gut erinnern, ist es leichter, diese alten Stricke zu durchtrennen und unsere Herzen auszuweiten. Wir können lernen, mehr Zeit damit zu verbringen, kreativ und produktiv zu sein und weniger Zeit so zu werden. Das bedeutet nicht, wir wären nicht länger kreative Wesen: Gerade wenn die Sonne an einer Stelle untergeht, geht sie an einer anderen auf. Mit dem Verlust von Vitalität auf einer Ebene, gibt es eine Zunahme anderswo. Ungeachtet wie müde wir uns fühlen – jeder von uns ist ein Mikro-Universum, vor Leben strotzend, erfüllt von winzingen evolvierenden Wesenheiten, „eine Quelle von ‘kreativer’ Aktivität, ausströmend aus der unaussprechlichen Tiefe unserer eigenen Natur – was dasselbe ist wie zu sagen aus dem unaussprechlich tiefen Schoß des Universums –, ein andauernder und unaufhörlich fließender Strom von unsichtbaren Leben …“ Das sagt nicht aus, dass wir kreativ sind, solange wir nicht in einem Krankenbett liegen oder dass jeder kreativ ist außer jenen, die sich nicht wohl fühlen. Manche Menschen sagen, dass „bewusstes Altern“ als ein kulturelles Ideal für eine neue Ebene psychologischer Funktionsfähigkeit auftaucht, aber es ist mehr.Es könnte eine revolutionäre Zeit wie die 1960er Jahre werden. Die ‘Baby-Boomers’ sind dabei in Rente zu gehen und viele haben Zeit und Geld, ihre Energie dorthin zu lenken, wo ihre Herzen weilen. Die 50 und 60- Jährigen sind Teil einer Generation, die gesünder und besser gebildet ist, als frühere Senioren, und viele stürmen die soziale Bühne, um in allen möglichen Gebieten ehrenamtlich zu arbeiten. Es bilden sich (in den USA) Gruppen mit Namen wie Gray Panthers und die Raging Grannies. Rabbi Schachter-Shalomi schlug „ein neues Modell der Entwicklung im späteren Leben vor, genannt ‘sage-ing’ [weise werden]“ – eine Zeit, um alles loszulassen, aus dem wir herausgewachsen sind, und uns unsere Zukunft anders und neu vorzustellen. Sein Spiritual Eldering Institute lehrt die Senioren, „wie sie ihr Leben und Bewusstsein ausweiten, um ihrem verlängerten Leben zu begegnen“. Wenn wir es wegen der Verpflichtungen gegenüber der Familie, der Karriere oder anderer Verantwortlichkeiten beiseite geschoben haben – jetzt können wir es uns leisten, im Dienst der Wahrheit zu handeln. Traurigerweise behindern physische Gebrechen unsere Aktivitäten, wenn wir älter werden, Verwandte treffen Entscheidungen, die uns erschrecken oder „unser Leben ruinieren“, die Karrieren schwinden, bestimmte Möglichkeiten werden weniger, und es kommt eine große Sehnsucht auf, unser Leben wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Falsch. Unser Leben ist niemals vom Weg abgekommen. Es gibt keinen anderen Weg, auf dem wir sein können. Das Leben ist wahrlich ein Mysterium: Wir kennen nie die ganze Geschichte, nicht einmal die der intimsten Ereignisse unseres eigenen Lebens. Es ereignet sich immer mehr als wir wissen, deshalb müssen wir weiterhin von dem Höchsten aus handeln und den Prinzipien und Gesetzen des Universums vertrauen, damit sich die Zyklen weiterhin ändern und die Wege zu Verständnis und innerer Aussöhnung führen. Wie Rachel Naomi Remen schreibt: Vieles im Leben lenkt uns von unserer wahren Natur ab, nimmt das Selbst in Banden von Habsucht, Verlangen, Gefühllosigkeit und Unbewusstsein gefangen. Aber jede Tat des Dienens ist ein Beweis, dass die Seele stärker ist als all das und uns trotz alledem zu dieser wahren Natur ziehen kann. Vielleicht ist unser größter Dienst einfach der, Wege zu finden, uns zu stärken und näher an unserer Göttlichkeit zu leben. Das erfordert tägliche Aufmerksamkeit, ein Wachsein für alles, was uns schwächer macht, uns ablenkt und uns dazu bringt zu vergessen, wer wir sind. Aber jede Handlung des Dienens legt Zeugnis ab für die Möglichkeit der Freiheit für uns alle. Und jedesmal, wenn jemand transparenter für das Licht in sich wird, wird er das Licht in der Welt zurückgeben. Die Sinne stören überall und mixen ihre eigene Struktur mit allem, was sie berichten. Unser erster Fehler ist der Glaube, dass der Umstand die Freude schenkt, die wir ihm schenken. Das Leben ist Ekstase. – Ralph Waldo Emerson Der Wind, die Vögel und die Grille, sogar das Geklapper von Schlüsseln und Zuschlagen von Stahltüren spielen mir jetzt ein wunderbares Lied von der Einheit mit der Erde. Viele Male schauen wir, aber sehen nicht, und obwohl wir hören, vernehmen wir nichts. – Laurence Sunderland Was ist das Leben außer dem Blickwinkel einer Vision? Ein Mensch wird gemessen nach dem Blickwinkel, mit dem er die Dinge betrachtet.
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